Schelmenmarktheft 2023
74 dem Schiffsleute-Viertel, zu dem auch die heutige „Seestraße“ gehörte. Durch die Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg ist an histo- rischer Bausubstanz außer dem Schifftor nichts mehr erhalten. Vom Schifftor hatte man damals den Blick auf das Hafenvier- tel mit all den Handwerkern, Fischern und Kaufleuten, die hier die Waren umschlagen ließen: Grautuch, Gelnhäuser Wein und auch das Weiße Gold aus den Salinen Orbs und Sodens. Die heutige Bebauung der Seestraße ist allerdings erst mit dem wirtschaftlichen Aufleben der Stadt zum Ende des 19. Jahrhun- derts entstanden: zuerst der Chaussee-Bau von Hanau nach Fulda und später dann die Eisenbahn. Das Areal, das über zwei Jahrhunderte nur mehr als Gartenland diente, begann dann seine neue Gründerzeit. So steht fest: vomGrund her ist sie eine alte Straße innerhalb des äußeren Stadtmauerrings, aber von der Architektur und ihrem Aufbau ist sie die modernste in ihm. Man entwickelte die Straße zu einer breiten Allee. Mit Bäumen auf beiden Seiten der Straße versehen, hatte sie großstädtische Züge mit modernen großbürgerlichen Gebäuden, deren letzte sogar erst in den 1920ern fertiggestellt wurden. 1894 entstand das Gebäude des „Frey-Hofes“ östlich neben dem Schifftor- turm. In diesem Gebäude vereinte der Bauunternehmer und Zimmermann Frey sein Wissen über die Fachwerkbauweise und Kunst der Steinmetze. Im Erdgeschoss des Hauses befand sich die Gaststätte „Zum Freyhof“. Sie war Gelnhausens letzte „Hafen-Schenke“, als sie 1933 schloss. Von der Seestraße zweigt nach Norden zur Löhergasse die Massenbachstraße ab. Hier lag ursprünglich der Friedhof der Kirchengemeinde der Burg. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 standen die Soldaten Napoleons am 31. des selben Monats vor Gelnhau- sen. Vor der Stadt, in der Nähe der heutigen Burgmühle, fiel der damals erst 18-Jährige Wilhelm Reinhard Freiherr von Massen- bach, der Leutnant bei den Preußischen Garde-Kosaken war. Er wurde auf dem Burgkirchhof begraben und ein weißes mar- mornes Kreuz auf seinem Grab aufgestellt. Dieses stammte aus der Bildhauer-Werkstatt des Johann Gottfried Schadow, der Wettkämpfe aller Art fanden in der Seestraße statt Im Gebäude links, lebte lange Jahre der Schelmenmitbe- gründer Tony Mohren. Der Platz vor dem Schiffturm trägt nun ihm zur Ehre, seinen Namen. Hier verbrachte er viel Zeit in Gesprächen mit vielen Gelnhäusern. Dabei entstand in Gesprächen mit Hugo Schlenker die Idee, einen Geselligkeitsverein zu Gründen. Dies wurde dann später im „Schelm von Bergen“ offiziell. Der Lagerplatz im Bildvordergrund gehörte der Firma Strotkamp.
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjM3MzI=